Durch die belebten Straßen und Gassen des kleinen Dorfes Hemis im nordindischen Unionsterritorium Ladakh hallen die Klänge von Zimbeln, Trommeln und Langhörnern. In bunten Gewändern gehüllte Mönche tanzen dazu, ihre Gesichter verdeckt mit geheimnisvollen hölzernen Masken und untermalt von sonoren Mantra-Gesängen. Es mutet fremdartig an, wie aus einer anderen Welt. Grotesk, aber begeisternd und anziehend zugleich. Obgleich alles hier so anders scheint, fühlt man sich keineswegs fremd in diesem außergewöhnlichen Szenario…
Jeden Sommer ist das wundervolle Hemis-Kloster auf 3.000 Höhenmetern Schauplatz eines zweitägigen Klosterfestes, von dem selbst viel gereiste Besucher behaupten, es zähle zu einem ihrer unvergesslichsten Erlebnisse. Das farbenprächtige Hemis-Festival in Ladakh, wo das Gute gegen das Böse auf einzigartige Art und Weise kämpft, ist eines der bedeutendsten tibetisch-buddhistischen Feste überhaupt und gleichzeitig eines der populärsten, welches mittlerweile weit über die Grenzen Ladakhs hinaus auch bei Nicht-Buddhisten bekannt ist. Als ein Fest, das die Brüderlichkeit und das Gemeinschaftsgefühl fördert, kombiniert es Geschichte, Kultur, Tradition und Spiritualität zu einem einmaligen Ereignis.
Bereits bei dem Anflug auf Ladakh bietet sich ein atemberaubender Anblick auf das höchste Gebirge der Erde, dem mächtigen Himalaya mit seinen majestätischen Gipfeln. Eine nahezu endlos wirkende Gebirgslandschaft, durchzogen von idyllischen Bächen, sattgrünen Tälern und schroffen Felsformationen. Ein mancherorts vermeintlich unwirtliches und schwer zugängiges Land, das mit als Wiege das Buddhismus gilt. Das einst unabhängige Königreich Ladakh ist tief geprägt durch den tibetischen Buddhismus, der noch heute fest verwurzelt in der Kultur und Lebensweise der Einheimischen ist.
Unweit der Hauptstadt Leh versteckt sich ein wahres architektonisches Juwel in einer kleinen Schlucht an den Ufern des malerischen Indus-Flusses. Das Hemis-Kloster ist das reichste und auch bekannteste seiner Art. 1630 wurde es auf den Ruinen einer abgelegenen Eremitage aus dem 12. Jahrhundert errichtet.
Die spirituellen Ursprünge der Hemis Gompa – so die Bezeichnung für ein buddhistisches Kloster – reichen aber viel weiter in die Zeit um 300 vor Christi zurück. Hemis gilt als eines der herausragendsten Beispiele des Klosterbaus jener Zeit. Im 18. und 19. Jahrhundert erhielt es durch eine große Versammlungshalle sowie einen weitläufigen, von kunstvoll gestalteten Steinreliefs umrahmten Innenhof sein heutiges Erscheinungsbild. In der Form eines dreidimensionalen Mandalas erbaut und mit unzähligen Kunstschätzen gespickt, sucht das Kloster weit und breit seinesgleichen.
Anlass für das bunte Treiben zum Hemis-Fest ist der Geburtstag von Padmasambhava (Guru Rinpoche), der im 8. Jahrhundert das Licht der Welt erblickte. Er gilt als Inkarnation des Buddhas Amitabha, in welcher sich sämtliche Fähigkeiten und übernatürlichen Kräfte (Siddhis) aller Buddhas manifestierten.
Sein Leben und Wirken ist größtenteils von Legenden umwoben. Überlieferungen zufolge wurde er auf einer Lotosblüte geboren und vom König von Oddiyana als Adoptivsohn angenommen. Später verbannte dieser ihn jedoch aus seinem Reich, woraufhin Padmasambhava, was übersetzt so viel wie „Lotosgeborener“ bedeutet, auszog und sich von den „Acht Wissenshaltern Indiens“ unterrichten ließ.
Später soll er Geister und Dämonen unterworfen, etliche barbarische Königreiche zum Buddhismus bekehrt und die Kraft der Langlebigkeit erlangt haben. Aufgrund seiner übersinnlichen, tantrischen Fähigkeiten war Padmasambhava maßgeblich an der Errichtung des Klosters Samye, des ersten buddhistischen Klosters in Tibet, beteiligt. Einer seiner Schüler war König Thrisong Detsen, der Tibet zwischen 756 und 796 regierte und unter dessen Herrschaft das Reich den Höhepunkt seiner Macht als auch die endgültige Einführung des Buddhismus erlebte. So gilt Padmasambhava als Urvater des tibetischen Buddhismus, der die dämonischen Geister vertrieb.
Dem einstigen Triumph Padmasambhavas gegen das Böse wurde mit dem Hemis-Festival ein großartiges Denkmal gesetzt. Zu den Festtagen präsentiert sich die Hemis Gompa bezaubernd bunt geschmückt. Das filigrane Kunsthandwerk, welches in der Region seit Jahrhunderten gefertigt wird, wird besonders zum Klosterfest allerorten sichtbar. Die Einheimischen werfen sich in ihre besten traditionellen Trachten und versammeln sich zu der Zeremonie im Hof des Klosters.
Zur Eröffnung blasen die Mönche in tibetische Dungchen-Trompeten und es wird ein Mandala auf den Boden gemalt. Anschließend werden die als „Cham-Mysterien“ bekannten Maskentänze präsentiert. Begleitet von sakralen Gesängen tanzen die Mönche mit langen Gewändern, aufwendig gestalteten Masken und Kopfbedeckungen um den zentralen Fahnenmast im Herzen des Klosterkomplexes. Die Zuschauer werden in eine Welt voller Farben, Spiritualität, Mystik und Magie entführt.
Die Maskentänze stellen verschiedene buddhistische Legenden sowie Geschichten dar und symbolisieren auch den Kampf von Gut gegen Böse. Um die Stücke richtig aufzuführen, müssen die Mönche über mehrere Jahre hinweg trainieren. Zum krönenden Abschluss der bewundernswerten Tänze zerstören die sogenannten Black-Hat-Tänzer die bösen Mächte in Form einer aus Teig gefertigten Skulptur. Deren Bruchstücke werden daraufhin in alle vier Himmelsrichtungen geworfen – so sind der Triumph des Guten vollbracht und die Seelen gereinigt.
Während des Festivals läuft auch ein Orakel herum, welches das gesamte Jahr über ausschließlich fastet und meditiert. Neben den Maskentänzen bieten die sogenannten Teufelstänze ein nicht minder großes Spektakel für die Zuschauer, denen dann – so will es das Ritual – ein lokaler Likör namens Chang kredenzt wird.
Das Hemis-Festival in Ladakh (Hemis Tsechu) wird jedes Jahr im Juni oder Juli gefeiert, besser gesagt am zehnten Tag des Mondmonats im tibetischen Kalender, und fällt in den nächsten Jahren auf folgende Termine:
Alle zwölf Jahre, jeweils zum tibetischen Jahr des Affen, nimmt das Schicksal im Glauben der Buddhisten eine ganz besonders glückliche Wendung und das Hemis-Festival wird zusätzlich durch ein außergewöhnliches Highlight bereichert. Hunderttausende Menschen aus der gesamten Himalaya-Region kommen in Hemis zusammen, um für einen gesamten Monat den buddhistischen Meister Naropa zu feiern. Zum Festival dominiert dann ein mit Halbedelsteinen und Perlen reich verziertes Rollbild des Gurus Padmasambhava – die sogenannte Thangka – unübersehbar die Hemis-Gompa. Die zwei Stockwerke große Thangka erweckt auf spezielle Art und Weise die Legende des unsterblichen Padmasambhava zu Leben. 2028 wird das nächste Jahr des Affen gefeiert.
Auf dem Hemis-Festival ist die Spiritualität und Magie Ladakhs in einer Form spür- und erlebbar, die dem Besucher ein magisches Ereignis für alle Sinne bietet. Auf unseren individuellen Ladakh Reisen lässt sich ein Besuch des Hemis-Festival wunderbar einplanen. Das Hemis-Kloster befindet sich nur 40 km südlich von der Hauptstadt Leh und kann so bei einem Ausflug in ungefähr einer Stunde mit dem Privatwagen angefahren werden. Da die Zeremonien in Hemis schon bei Tagesanbruch beginnen, ist es empfehlenswert das Kloster am besten so früh wie möglich zu erreichen, damit Chancen auf gute Plätze bestehen.
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