Mitten im fruchtbaren „Fünfstromland“ des nordindischen Bundesstaates Punjab nahe der Grenze zu Pakistan erhebt sich die lebhafte Millionenstadt Amritsar aus der flachen Tiefland-Ebene zwischen den Flüssen Beas und Ravi. Seit ihrer Gründung 1577 durch Ram Das, dem vierten der zehn Gurus des Sikhismus, ist die Stadt, die zwischen 1802 und 1849 Hauptstadt des Sikh Reichs gewesen ist, eng verbunden mit der monotheistischen Religionsgemeinschaft der Sikhs, die hier im Punjab ihren Ursprung hat.
Amritsar ist das spirituelle wie kulturelle Zentrum des Sikhismus und weist daher viele wichtige religiöse Heiligtümer auf. Der prunkvoll mit einer großen goldenen Kuppel und Blattgold versehene Harmandir Sahib, der auch häufiger als „Goldener Tempel“ bezeichnet wird, ist das höchste Heiligtum der Sikhs und das weltberühmte Wahrzeichen von Amritsar. Jahr für Jahr zieht er unzählige Gläubige aus allen möglichen Regionen Indiens an.
Eine Gruppe von Pilgern beim Goldenen Tempel in Amritsar, Punjab (Nordindien)
Im Herzen von Amritsars Altstadt befindet sich der Goldene Tempel. Er ist von schneeweißen Palastbauten und vier Toren in allen Himmelsrichtungen umgeben und steht in der Mitte des sogenannten Nektarsees, der von Mauern und Treppen gefasst und durch einen unterirdischen Kanal mit Wasser aus dem Beas-Fluss versorgt wird. Der Nektarsee „Amrit Sarovar“ ist zudem Namensgeber der Stadt.
Nachdem der fünfte Guru der Sikhs, Arjan Dev, das heilige Ur-Buch Guru Granth Sahib zusammen getragen hatte, wurde es feierlich im Harmandir Sahib untergebracht. Ebenso wie die Außenanlage wird das Innere des Goldenen Tempels hervorragend gepflegt. Die unschätzbaren Böden des Tempels werden sogar mit Milch gewaschen. Die Wände sind mit wunderschönen Fresken, Juwelen sowie Marmor- und Goldverzierungen geschmückt.
Am südöstlichen Ende des Nektarsees überragen zwei Minarette den Wachturm Ramgarhia Bunga. Der Goldene Tempel und seine Umgebung sind somit eine faszinierende Mischung aus hinduistischen und islamischen Architekturstilen. Die elegante, untere Marmorebene erinnert mit ihren floralen Motiven und Steintieren an das Taj Mahal in Agra. Andere Schreine und Monumente sind um den Goldenen Tempel herum verteilt, beispielsweise der Uhrturm mit dem Sikh-Museum.
Der Goldene Tempel ist für alle Besucher, unabhängig von ihrer Religion, Kaste oder ihres Geschlechts, zugänglich. Dennoch gibt es einige Regeln, die beim Besuch eingehalten werden müssen und von den Tempelwächtern genau kontrolliert werden. So müssen etwa Schuhe und Socken vor dem Tempel abgegeben werden und die Hände sowie Füße vor dem Eintritt gewaschen werden. Außerdem sollte der Kopf sowohl für Frauen als auch Männer stets mit einem Kopftuch bedeckt sein.
Der Goldene Tempel (Harmandir Sahib) in der Mitte des Nektarsees ist das Allerheiligste der Sikhs
Nicht alle Gäste sind Pilger, die sich auf die Suche nach ewiger Glückseligkeit begeben oder ein rituelles Bad im Nektarsee nehmen wollen. Mitten in dem Tempelkomplex befindet sich die größte Gemeinschaftsküche der Welt. Teilweise reisen innerhalb eines Tages über 80.000 Pilger, Einheimische und Touristen an, um dort zu speisen.
300 Mitarbeiter, davon 30 hauptamtlich – alle restlichen sind ehrenamtlich – versorgen die Gäste mit einem sogenannten Langar, einer köstlichen, einfachen Mahlzeit. Ob die Verköstigung dort teuer ist? Nein. Sie kostet nichts. Überhaupt nichts. Na ja, eine Spende wäre durchaus nett. Verschiedene Organisationen, aber auch Privatpersonen finanzieren das Essen und spenden teilweise die benötigten Lebensmittel. Die Köche dort sind also erfahrene Meister der Improvisation.
Zwei Maschinen backen innerhalb von nur einer Stunde jeweils 5.000 indische Brote, die Chapattis oder Rotis. Auf einer anderen Seite der Halle stellen einige Menschen das Brot von Hand her. Andere wiederum schneiden vier Tonnen Gemüse klein. Zwei Reis-Köche sieben das Getreide und füllen es in große Tonnen. Im Essensraum neben der Küche sitzen die hungrigen Gäste im Schneidersitz in mehreren langen Reihen. Die Freiwilligen reichen Edelstahlteller und servieren aus Kübeln Indisches Daal und Curry. Nachdem die Gäste dann gespeist haben, wird das benutzte Geschirr zur Waschstation befördert und dort von Hand gewaschen.
Amritsar ist ein kulinarisches Paradies – genießen Sie in der Stadt die köstliche Punjabi-Küche
Einige der schönsten Sehenswürdigkeiten von Amritsar finden sich in der quirligen Altstadt. Interessant ist hier speziell der Jallianwala Bagh Gedenkpark. An diesem Ort verübten britische Soldaten im Jahre 1919 ein schreckliches Massaker an Hunderten friedlich protestierenden Indern. Heute erinnert dort ein Museum und ein Denkmal in Form einer ewigen Flamme an das Massaker von Amritsar.
In Reichweite vom Gedenkpark ragt ein weiteres Sikh-Heiligtum, das Gurdwara Baba Atal, aus dem Häusermeer. Die neun Stockwerke dieses oktogonalen Turms erinnern an die neun Lebensjahre des im Kindesalter verstorbenen Sohnes des sechsten Sikh-Gurus Har Gobind. Gegenüber vom Goldenen Tempel ist der „Thron des zeitlosen Einen“, das Akal Takht, gelegen. Er ist einer von den „fünf Takht“, deren jeweiligen Führer zusammen die körperlichen religiösen Anführer des Sikhismus sind. Sehenswert in der Altstadt ist sicherlich ebenfalls das Partition-Museum, das die Teilung zwischen Indien und Pakistan nach der Unabhängigkeit im Jahr 1947 und die Vertreibung sowie Umsiedlung von bis zu 20 Millionen Menschen thematisiert.
Die Altstadt beeindruckt auch durch farbenfrohe Märkte. Neben dem Hall Bazaar zählen der Katra Jaimal Singh Bazaar und der Guru Bazaar zu den größten und ältesten Märkten von Amritsar. Dort finden sich des Weiteren eine Vielzahl an traditionellen Restaurants, die sich auf die Punjabi-Küche spezialisieren, welche sich unter anderem durch köstliche Gerichte wie Chole Bhature, Butter Chicken, Puri oder Kulcha Fladenbrot auszeichnet.
Das Denkmal in Form einer Flamme im Jallianwala Bagh Gedenkpark
An der historischen Grand Trunk Road zwischen dem indischen Amritsar und dem pakistanischen Lahore findet jeden Abend kurz vor Sonnenuntergang eine spektakuläre Grenzschließungszeremonie an der Wagah-Grenze statt, welche ein einzigartiges Erlebnis während einer Reise nach Amritsar darstellt.
Auf beiden Seiten der Länder halten die Grenzsoldaten für 45 Minuten eine aufwendige Militärparade ab, die das Schließen der Grenztore, das Senken der Flaggen beider Länder und das Ertönen der Signaltrompete beinhaltet. Die Zeremonie an der Wagah-Grenze wird täglich von Tausenden Menschen besucht, die von den Tribünen aus applaudieren, Fahnen schwenken, die Soldaten bejubeln und Parolen skandieren. Vor der Zeremonie wird die indische Nationalhymne gesungen und im Bollywood-Stil zu berühmten Hindi-Liedern getanzt.
Ein besonderer Höhepunkt in Amritsar ist der Besuch der Palki-Sahib-Zeremonie im Goldenen Tempel, die alltäglich am frühen Morgen und am späten Abend stattfindet. Zur nächtlichen Zeremonie wird das Guru Granth Sahib in einer verzaubernden Prozession mit Trommeln, Kirtan-Hymnen und Gebeten auf einer schweren Sänfte vom Hauptschrein zum Akal Takht überführt. Dort ruht das heilige Buch bis zur Morgenzeremonie, bei welcher es im Licht der aufgehenden Sonne wieder zurück zum Inneren des Goldenen Tempels getragen wird.
Die Wagah-Grenzschließungszeremonie ist ein außergewöhnliches Erlebnis in Amritsar
Vor der Gründung im Jahre 1574 durch Sri Guru Ram Das war das Gebiet um die Stadt mit dichten Wäldern bedeckt und hatte mehrere Seen. Um Amritsar zu gründen, lud er 52 Händler aus verschiedenen Geschäftsfeldern in die Stadt ein. Die Händler sollten sich im heutigen Amritsar niederlassen und tatsächlich gründeten sie die ersten 32 Geschäfte in der Stadt, die alle bis heute überlebt haben.
Auch der Guru selbst zog in die junge Stadt um, die zuerst nach ihm benannt war und Ramdaspur hieß. Noch im 16. Jahrhundert schloss Guru Arjan Dev die Stadtgründung ab und erbaute den Goldenen Tempel. 1802 ließ Ranjit Singh, der erste Herrscher des geeinigten Punjab, das Dach des Göttertempels mit vergoldeten Kupferplatten bedecken. Seitdem ist das Heiligtum der Sikhs als der Goldene Tempel bekannt. Von da an und bis 1849 war Amritsar die Hauptstadt des Reiches der Sikhs, das sich auf dem Gebiet der Punjabregion, von Indien und Pakistan bis nach China erstreckte.
In den Jahren nach 1984 wurde schließlich das Wasserbecken des Nektarsees durch Wohn- und Wirtschaftsgebäude räumlich von der umgebenden Altstadt getrennt und zusätzlich mit einem parkartigen Grüngürtel umfasst. Der Legende nach soll Sita, die Gemahlin des hinduistischen Gottes Rama, in der Nähe von Amritsar ihre Zwillingssöhne Lava und Kusha zur Welt gebracht haben. An der angeblichen Stelle wurde 2016 der Bhagwan-Valmiki-Tirath-Tempel erbaut, welcher nur 10 km entfernt von Amritsar liegt.
Der Bau des Goldenen Tempels wurde im 16. Jahrhundert von Guru Arjan Dev begonnen
Der Goldene Tempel, bewundernswerte Monumente, kulinarische Köstlichkeiten oder aufregende Zeremonien – in Amritsar können Sie beispiellose Erfahrungen sammeln und Momente für die Ewigkeit erleben. Auf unseren individuellen Nordindien Reisen besteht die perfekte Möglichkeit das zauberhafte Amritsar zu besuchen.
Innerhalb von nur weniger Stunden lässt sich die Stadt am besten mit dem Flugzeug unter anderem von Delhi oder Mumbai erreichen. Ansonsten empfiehlt es sich, eine Zugfahrt dorthin zu unternehmen, welche etwa von Delhi oder Agra möglich ist. Mit dem Privatwagen kann Amritsar auch von nahegelegenen Reisezielen in Nordindien wie zum Beispiel Dharamsala angefahren werden. Um sämtliche Attraktionen der Stadt zu entdecken, sollten idealerweise zwei Nächte eingeplant werden.
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